Die Dating-Welt hat den Begriff „Ghosting“ geprägt, um eine Person zu beschreiben, die plötzlich alle Verbindungen abschneidet und scheinbar ohne Erklärung vom Erdboden verschwindet. Dieses Szenario wird im unternehmerischen Bereich immer häufiger.
Ghosting ist ein Begriff, der zuerst an Dating erinnert. Dort beschreibt er die Tatsache, dass ein zuvor interessierter Partner ohne Vorwarnung verschwindet. Doch bei der Jobsuche gibt es ebenfalls das Ghosting. Wenn ein Bewerber oder eine Bewerberin plötzlich den Kontakt abbricht, spricht man von Job-Ghosting. Ein Jobsuchender, der nicht (mehr) auf Einladungen zu Vorstellungsgesprächen, E-Mails und Telefonanrufe reagiert, ghostet das Unternehmen, das an ihm interessiert ist. Dies ist ein in den letzten Jahren sehr verbreitetes Phänomen und ein großes Problem für Arbeitgeber. Schließlich ist der Bewerbungsprozess mit hohen Kosten verbunden.
Vor ein paar Jahren sah die Welt noch anders aus. Damals haben Unternehmen aufgrund der Vielzahl an Bewerbungen eher Bewerber geghostet, als anders herum. Nach der Bewerbung hat man oftmals nichts mehr vom Wunscharbeitgeber gehört oder bekam erst nach mehreren Wochen eine automatisierte Absage aus dem System. (Anm. d. Red.: Ich warte heute noch auf ein Feedback zu meiner Praktikumsbewerbung bei einem großen Automobilhersteller – von 2011) Seit sich der Arbeitsmarkt zu einem Bewerbermarkt gewandelt hat, hat sich auch das Job Ghosting gedreht.
Es ist auch interessant zu wissen, was passiert, wenn ein Bewerber nicht zu einem Vorstellungsgespräch oder ein Mitarbeiter an seinem ersten Arbeitstag nicht erscheint. Kurz gesagt: nicht viel. Arbeitgeber können nichts tun, wenn jemand nicht zu einem Vorstellungsgespräch erscheint – bestenfalls können sie eine Entschädigung fordern, die jedoch wahrscheinlich schwer zu beweisen ist. Auch nicht, wenn ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde. Natürlich müssen Sie die arbeitsrechtlichen Kündigungsfristen einhalten. Da Arbeitnehmer jedoch nicht zur Arbeit gezwungen werden können, kann dieses Problem nur durch Entschädigung gelöst werden. Meistens ist der Aufwand dafür jedoch höher als die Entschädigung wert ist. Arbeitnehmer brauchen sich leider keine allzu großen Sorgen zu machen, wenn sie bei der Jobsuche Ghosting betreiben.
Um zu vermeiden, während des Einstellungsprozesses geghostet zu werden, ist es wichtig, diesen Trend von vornherein zu verstehen.
Viele Arbeitssuchende würden heute lieber Konfrontationen und Peinlichkeiten vermeiden, anstatt dem Arbeitgeber eine schlechte Nachricht mitzuteilen. Böse Zungen könnten es auch Karma nennen, weil Personalvermittler früher Jobkandidaten geghostet haben. So sollte dies aber nicht betrachtet werden. In beiden Richtungen ist es unhöflich und unprofessionell.
Die Haupterklärung für das Job Ghosting ist jedoch, dass die Arbeitnehmer von heute einfach mehr Möglichkeiten haben.
Auf dem aktuellen Markt haben Personalvermittler Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen, und qualifizierte Fachkräfte haben oft mehrere offene Stellen zur Auswahl.
Bei so vielen Optionen ist es den Kandidaten einfach egal, ob sie auf dem Weg ein paar Brücken abbrechen. Dies gilt insbesondere für Einstiegspositionen mit niedrigeren Löhnen.
Zudem interessieren sich Mitarbeiter bei der Stellensuche für die Unternehmenskultur des Unternehmens. Wenn Kandidaten das Gefühl haben, dass die Werte Ihres Unternehmens nicht mit ihren Präferenzen übereinstimmen, hören sie möglicherweise einfach auf, mit Ihnen zu kommunizieren, und konzentrieren sich stattdessen auf andere potenzielle Arbeitgeber.
Bewerber sind nicht verpflichtet, dem potenziellen neuen Arbeitgeber mitzuteilen, dass sie ihre Meinung geändert haben oder welche Gründe dafür bestehen. Rechtlich müssen Bewerber keine Konsequenzen befürchten, wenn sie durch Ghosting einfach verschwinden.
Manche junge Arbeitssuchende, insbesondere auf der Suche nach ihrem ersten Job, verhalten sich in einer Bewerbungssituation wie in einer Dating-Situation. Wenn sie eine bessere Jobmöglichkeit finden, oder feststellen, dass der Job doch nicht das ist, was sie wollen, ghosten sie ohne Vorwarnung.
Der Bewerber hat sich bereits beworben und eventuell schon ein erstes Gespräch mit dem Unternehmen geführt. Danach wurde jedoch klar, dass der Job nicht der richtige ist. Gerade wenn schon ein Vorstellungsgespräch stattgefunden hat und es eigentlich gut lief, wollen manche Bewerber dem Gegenüber nicht direkt sagen, dass sie dort nicht arbeiten möchten. Sie entscheiden sich für die einfache Methode, Anrufe nicht anzunehmen und E-Mails nicht zu beantworten.
Einige Bewerber sehen ihr Verhalten gar nicht als problematisch an. Entweder sie haben Erfahrungen mit Job Ghosting von Unternehmensseite her gemacht, oder verhalten sich im Privatleben ähnlich. Dann ist ihnen möglicherweise nicht bewusst, wie unhöflich Ghosting wirklich ist.
Vielleicht fragen Sie sich jetzt, ob Ghosting die neue Realität ist und Sie dies akzeptieren müssen. Das müssen Sie nicht! Hier sind einige Schritte, die Sie unternehmen können, um im Bewerbungsprozess nicht länger Gefahr zu laufen, geghostet zu werden.
Ihre Kandidaten sind auch bei der Konkurrenz sehr gefragt, daher müssen Sie schnell handeln. Kontaktieren Sie Ihre besten Kandidaten sofort, anstatt zu warten, bis Sie einen Stapel Bewerbungen haben, um den Einstellungsprozess zu starten.
Da das Ghosting auch von Seiten der Arbeitgeber ausgehen kann, sollten Sie sich bewusst werden, wann Sie mit welchem Bewerber sprechen und auf welchem Stand die einzelnen Kandiaten sind. Andernfalls könnten die Bewerber von einem Ghosting Ihrerseits ausgehen und diese negative Ressonanz verbreiten.
Machen Sie es sich daher zum Ziel, rechtzeitig mit allen Kandidaten zu kommunizieren, nicht nur mit den Kandidaten, die Sie einstellen.
Aufgrund des gravierenden Fachkräftemangels ist es wichtig, faire Gehälter und zusätzliche Benefits (beispielsweise Flexible Arbeitszeiten, Sachbezug, Essenszuschsuss) schon frühzeitig anzubieten. Indem Sie von Anfang an ein wettbewerbsfähiges Gehalt anbieten, können Sie vermeiden, Top-Kandidaten frühzeitig abzuschrecken oder zum Wettbewerb zu treiben. Gerade jetzt bietet sich der Inflationsbonus an, welchen Sie, wenn Sie ihn wirklich an alle Mitarbeiter auszahlen, schon im Bewerbungsgespräch anpreisen können.
Vorgefertigte Emails werden schnell durchschaut. Bewerber könnten hier misstrauisch werden, ob wirklich ein Interesse an Ihnen besteht. Wenn Sie nach Bewerbung direkt bei Bewerbern anrufen, macht dies einen besseren Eindruck. Achten Sie aber bitte darauf: Bewerber, die in einer Anstellung sind, können meist nicht mitten am Tag ans Telefon gehen.
Beenden Sie Nachrichten außerdem mit einem bestimmten Schritt, z. B. „Ich möchte später in dieser Woche einen Folgeanruf vereinbaren, um Stellenangebote und mögliche Starttermine zu besprechen.“ Ein Call to Action führt häufig zum gewünschten Verhalten.
Wenn der Bewerbungsprozess erfolgreich geschafft wurde, heißt es jedoch noch nicht, dass Sie sich entspannen können. In der Phase zwischen Vertragsunterschrift und Arbeitsbeginn, kann noch vieles passieren. Deshalb lohnt isch ein durchdachtes Pre-Onboarding.
Hier sind einige Vorschläge, was Sie während dem Preboarding tun können:
Stellen Sie einen fachlichen Ansprechpartner der Abteilung („Mentor“) zur Verfügung, der sich persönlich bei Bewerbern meldet und Fragen beantwortet.
Laden Sie neue Mitarbeiter zu Firmenveranstaltungen ein (Sommerfeste, Betriebsausflüge, Jubiläen, Feiern sonstiger Sonderveranstaltungen).
Senden Sie neuen Mitarbeitern so schnell wie möglich einen Einarbeitungsplan und teilen Sie mit, dass ein Vorgesetzter oder Mentor ihn in einem persönlichen Gespräch genauer erklären wird.
Stellen Sie ein kleines Willkommenspaket zusammen, z. B. mit einer Weinflasche oder einem T-Shirt mit Firmenlogo und einem persönlichen oder zukünftigen Namensschild – seien Sie kreativ und ergänzen Sie diese Liste.
Fügen Sie neue Mitarbeiter dem internen Newsletter-Verteiler hinzu.
Bieten Sie Unterstützung bei der Wohnungssuche an; Umzugsunternehmen können als externe Dienstleister helfen.