Was können Unternehmen tun, um die Bindung der Mitarbeiter ans Unternehmen zu erhöhen? Die Antwort lautet: Employee Experience!
Warum ist eine optimale Employee Experience notwendig?
Laut dem Gallup Engagement Index 2021 haben nur 17 % der deutschen Mitarbeiter eine hohe emotionale Bindung an ihr Unternehmen. Die mittelfristige Wechselbereitschaft nimmt enorm zu. 27 % der deutschen Mitarbeiter sehen sich in drei Jahren nicht mehr bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber. 14 % sind sogar aktiv auf Jobsuche (so viele wie nie zuvor).
Für Unternehmen bedeutet diese Entwicklung, dass Mitarbeiterbindung zum wichtigsten Thema im Bereich HR aufsteigen muss. Oftmals werden durch wichtige Themen wie Recruiting und Employer Branding die bestehenden Mitarbeiter vergessen.
Viele Investitionen fließen ins Recruiting, da offene Stellen sehr teuer sind. Unternehmen vergessen dabei jedoch, dass auch innere Kündigungen sehr teuer werden können. Laut Gallup beliefen sich die volkswirtschaftlichen Kosten aufgrund innerer Kündigungen 2021 auf eine Summe zwischen 92 und 115 Milliarden Euro. Die Kosten werden durch eine positive Employee Experience gesenkt.
Employee Experience, was ist das?
Es zählen die vielen kleinen Momente, welche sich zu einer positiven Employee Experience mit dem Arbeitgeber verbinden.
Zur Employee Experience gehören alle Momente in denen die Mitarbeiter mit dem Arbeitgeber in Berührung kommen. Angefangen bei der Einstellung, bis hin zum Austritt aus dem Unternehmen. Sind die Erfahrungen der Mitarbeiter positiv, so führt dies zu einer höheren Motivation, einem höheren Mitarbeiter Engagement und einer stärkeren Bindung.
Jacob Morgan, der Experte für Employee Experience, definiert es folgendermaßen: Ich definiere Employee Experience als die Schaffung einer Organisation, in der Mitarbeiter zur Arbeit erscheinen WOLLEN und nicht MÜSSEN.
Wie hängen Employee Journey und Employee Experience zusammen, und was ist eigentlich der Employee Lifecycle?
Arbeitgeber müssen die Welt aus den Augen der Mitarbeiter sehen, mit ihnen in Kontakt bleiben und ihnen zur Seite stehen. Bei kleineren Betrieben mit 10 Mitarbeitern ist dies durchaus machbar, bei einem Unternehmen mit 100 Mitarbeitern schon nahezu unmöglich. Um die verschiedenen Mitarbeiter an den richtigen Touchpoints zu erreichen ist es wichtig, stets den Employee Lifecycle im Blick zu behalten. Die Maßnahmen werden je nach Stadium der Mitarbeiter angepasst.
Der Employee Lifecycle besteht klassisch aus fünf Phasen:
- Recruit
- Onboard
- Develop
- Retain
- Offboard
Andere Modelle fügen hier noch Attraction, Engagement & Motivation oder auch After Exit hinzu. Im unten stehenden Modell wurde ein wichtiger Punkt ergänzt, der noch sehr selten im Lifecycle vorkommt: Pre Onboarding. Das Schaubild zeigt, wie kiwiHR die 8 Lebensphasen eines Mitarbeiters definiert.
Die Employee Journey beschreibt die Orientierung der Employee Experience Maßnahmen entlang des Employee Lifecycles. Dies ist gleichzusetzen mit der Orientierung an den Touchpoints eines Kunden, der Customer Journey. Zielführendes Employee Experience Management setzt die Beachtung der Employee Journey voraus, um so noch individueller positive Erfahrungen bei den Mitarbeitern hervorzurufen.
Die 8 Schritte zur optimalen Employee Experience im Detail
Damit die Employee Experience stets positiv wahrgenommen wird, sind einige Punkte in der Employee Experience Strategie zu beachten.
Deloitte hat 2017 eine Anleitung für den Aufbau einer Employee Experience Strategie entwickelt. Diese wurde hier aufgegriffen und für den deutschen Markt angepasst.
Schritt 1: Employee Experience muss priorisiert werden!
Viele Unternehmen stellen die Customer Experience auch heute noch über die Employee Experience. Es sollte jedoch bedacht werden, dass unproduktive und unglückliche Mitarbeiter kein optimales Kundenerlebnis herbeiführen werden.
Die Priorisierung muss sich ändern: Mitarbeiter - Kunde - Shareholder.
Es gilt ein optimales Mitarbeitererlebnis zu definieren und diese Strategie dann mit verschiedenen Maßnahmen umzusetzen. Zu beachten sind außerdem die Theorien des New Work, sowie des finanziellen Wohlergehens und der psychischen Gesundheit.
Schritt 2: Die Employee Experience wird in einem Team vereint!
In HR-Abteilungen muss heute viel mehr in Personalbeschaffung, Personalstrategie, Personalentwicklung und eben in Mitarbeiterbindung investiert werden. Deswegen ist es umso wichtiger, dass einzelne Maßnahmen der Employee Experience nicht in verschiedenen Abteilungen angesiedelt werden. Es muss eine Person (mindestens Senior Level) innerhalb des Unternehmens ernannt werden, welche für die komplette Employee Experience verantwortlich ist.
Gemeinsam mit diesem Employee Experience Manager kümmert sich ein Team um alle anfallenden Aufgaben. Dazu gehören beispielsweise Kultur, Mitarbeiterbindung, Karriereentwicklung, Benefits, Arbeitsplatzausstattung und -gestaltung, sowie Fort- und Weiterbildung oder die Einführung von Lernplatfformen für Unternehmen. Das gesamte Mitarbeitererlebnis unter einem Dach zu vereinen wird Investitionen benötigen. Diese werden jedoch durch steigende Produktivität und sinkende Mitarbeiterfluktuation ausgeglichen.
Schritt 3: Eine Employer Value Proposition wird formuliert!
Viele Benefits, die finanzielle Sicherheit und die Gesundheit der Mitarbeiter sind in den meisten Unternehmen schon fest verankert. Jedoch reicht dies nicht aus für eine optimale Employee Experience. Wichtig ist, was Mitarbeiter auf kultureller Ebene von ihrem Unternehmen erwarten können. Dabei hilft es eine Employer Value Proposition zu formulieren.
Die Employer Value Proposition enthält die Kultur, die Kommunikation, die Entwicklungschancen, die Haltung des Unternehmens zu Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Diversity. Sie ist ein Leitfaden für das gemeinsame Arbeiten im Unternehmen, an welchem sich alle Mitarbeiter orientieren können.
Schritt 4: Die richtigen Rahmenbedingungen werden geschaffen!
Der Zukunftsforscher Jacob Morgan prägt den Ansatz der Employee Experience in den letzten Jahren maßgeblich. Seiner Theorie nach gibt es drei Umgebungen, die optimiert werden müssen, damit die Employee Experience gelingt: Die Kultur, das Büro & die Technologie.
Die Kultur:
Die Unternehmenskultur wird in vielen Unternehmen hochgelobt. In der Realität sieht es jedoch meist anders aus. Laut verschiedenen Studien findet nur einer von fünf Managern die Kultur im eigenen Unternehmen gut und 87 % der Mitarbeiter glauben nicht an die Unternehmenskultur ihres Arbeitgebers.
In vielen Unternehmen ist die Kultur nur auf dem Papier vorhanden - als Vision, Mission und Auflistung der Werte. Kultur ist aber ein Gefühl, ein Vibe, den Mitarbeiter spüren, jedes Mal, wenn sie das Büro betreten. Es ist die Kommunikation zwischen Kollegen, die Art der Führung, die Stimmung in den Büros und im Pausenraum. Kultur muss gelebt und nicht aufgeschrieben werden.
Die Arbeitskultur hängt auch von der Freiheit der Mitarbeiter ab. Beispielsweise ist vielen Remotework zu wenig und sie wünschen sich eine noch freiere Einteilung ihrer Stunden, Tage und Arbeitsweise. Hier kann die Etablierung von Inclusive Working helfen.
Das Büro:
Die Kultur benötigt ein geeignetes Umfeld, um stattfinden zu können. Das tut sie nicht auf der Website oder im Intranet, sondern in den Büroräumen. Spätestens seit Google, Apple und Co. wissen auch deutsche Unternehmen, dass die Büroräume einen entscheidenden Teil zur Mitarbeiterbindung und zur Leistung der Mitarbeiter beitragen.
Schöne helle Räume, Lounges zum entspannen, Orte für körperlichen Ausgleich, gesunde Mahlzeiten oder der Geruch nach frischem Kaffee am Meeting Point. All das trägt dazu bei, dass Mitarbeiter sich wohlfühlen und jeden Tag gerne an ihren Arbeitsplatz kommen.
Die Technologie:
Die Technologie gilt als treibende Kraft für Mitarbeitermotivation und Leistungsbereitschaft, auch wenn dies oft unterschätzt wird. Es geht hierbei nicht nur um die physischen Arbeitsgeräte, sondern auch um die genutzten Tools und Programme. Jede eingesetzte Technologie muss modern und einfach zu bedienen sein.
Bei der Employee Experience geht es um das gesamte Erlebnis der Mitarbeiter bei der Arbeit. Nur wenn alle drei Aspekte der Theorie optimiert sind, binden sich Mitarbeiter emotional an das Unternehmen. Geld alleine wird dafür in Zukunft nicht mehr ausreichen.
Schritt 5: Die Welt aus den Augen der Mitarbeiter sehen!
Sind die Aufgaben in der Arbeitszeit machbar? Sind alle Informationen und technischen Hilfsmittel vorhanden? Fühlen sich alle im Team wohl?
Diese Fragen und viele Weitere sollten sich Führungskräfte täglich stellen, um ein optimales Erlebnis zu schaffen. Führungskräfte müssen sich in die Mitarbeiter hineinversetzen, um die Produktivität und Bindung verbessern zu können.
Dabei sind nicht nur die festangestellten Mitarbeiter zu berücksichtigen. Auch Bewerber, Aushilfen, Freelancer und sogar ehemalige Mitarbeiter erwarten ein positives Erlebnis mit dem Unternehmen.
Schritt 6: Über den Tellerrand hinaus schauen und lernen!
Benchmarking funktioniert auch bei der Employee Experience. Unternehmen nutzen dafür die Informationen, die Kununu, Glassdoor oder Linkedin bieten, um die noch offenen Chancen und Möglichkeiten ausfinding zu machen. Außerdem können sich Unternehmen mit Partnerunternehmen austauschen und Bewerber über deren Erfahrungen befragen.
Schritt 7: Alle Führungskräfte müssen an einem Strang ziehen!
Mindful Leadership ist ein entscheidender Faktor für die Erlebnisse, welche Mitarbeiter tagtäglich mit dem Unternehmen verbinden. Führungskräfte, die ausschließlich durch Härte und Angst regieren, tragen nicht zu einem positiven Erlebnis bei. Deshalb ist es entscheidend, dass alle Führungskräfte an einem Strang ziehen. Durch klare Kommunikation, Fairness, Belohnungen und Lob, sowie Empathie in der Führung, verbessert sich die Employee Experience maßgeblich.
Schritt 8: Ergebnisse werden kontinuierlich gemessen und verbessert!
Nur wenige Unternehmen setzen Mitarbeiterbefragungen richtig ein. Für Unternehmen ist es entscheidend, was Mitarbeiter beschäftigt und welche Erfahrungen sie gemacht haben. Dafür reicht eine jährliche Befragung nicht aus. Die Situationen, in denen Mitarbeiter sich emotional vom Unternehmen entfernen, werden nicht rechtzeitig erkannt.
Zusätzlich zur jährlichen oder halbjährlichen Mitarbeiterbefragung sollten Unternehmen auch Pulsbefragungen, Feedbacksysteme, HR-Software mit Analysetool sowie einen Employee Experience Score einführen. Dadurch kann die Entwicklung der Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung sichtbar gemacht werden.
Außerdem können Bewerbungsgespräche, der Onboarding Prozess oder Feedbackgespräche genutzt werden, um Probleme aufzudecken und frühzeitig zu reagieren.
In manchen Unternehmen werden regelmäßig Bleibegespräche geführt. Bleibegespräche zielen darauf ab, eventuelle Kündigungsgründe bereits im Vorfeld zu erkennen, ihnen entgegenzuwirken und die Mitarbeitenden so im Unternehmen zu halten.
Fazit
Viele Unternehmen verschenken auch heute noch großes Potenzial im Bereich Employee Experience Management. Gehören auch Sie dazu?
Es ist notwendig, Employee Experience und Mitarbeiterbindung nach ganz oben auf der Prioritätenliste zu setzen. Unternehmenskulturen leben, Büros modernisieren und Technologien der Zeit anpassen - das ist jetzt die Devise.
Gerade Neueinstellungen können Sie nutzen, um mit der positiven Employee Experience zu beginnen. Dafür eignen sich beispielsweise digitale Onboarding Prozesse, die ganz einfach über ihre HR Software abgebildet werden können. Erfahren Sie hier mehr über die Möglichkeiten für Employee Experience beim Onboarding.