Wie funktioniert Arbeitsbereitschaft?

min Veröffentlicht am 16 Juni 2022
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Vielleicht wurden Sie auch schon einmal mit dem Begriff "Arbeitsbereitschaft" konfrontiert. Doch was versteht man genau darunter? Handelt es sich dabei um ein Synonym für Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst? Oder besteht ein Unterschied zwischen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst? Diese und andere Fragen beantworten wir.

Definition

Das Arbeitsrecht versteht unter dem Begriff Arbeitsbereitschaft die Zeit, in der man am Arbeitsplatz verweilt und sich bereit halten muss, um sofort und ohne jegliche Aufforderung einer Aufgabe nachgehen zu können. Gerichte sagen dazu, dass man sich in "wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung" befindet. Sie ist also eine der Arbeitszeiten, in der Arbeitnehmer tatsächlich nicht mit Arbeit beschäftigt sind, jedoch jederzeit bereit dazu sind in den Arbeitsprozess eingreifen zu können.

Der Unterschied zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft

Sie ist vom sogenannten Bereitschaftsdienst oder der sogenannten Rufbereitschaft abzugrenzen. Beim Bereitschaftsdienst müssen sich Arbeitnehmer an einem vom Arbeitgeber vorgebenen Ort befinden, um sofort die Arbeit aufnehmen zu können, wenn sie dazu aufgefordert werden (z.B. Bereitschaftsarzt).

Die Rufbereitschaft ermöglicht es Arbeitnehmern, ihren Ort frei zu wählen - dieser muss dem Arbeitgeber jedoch bekannt sein und nicht mit einer langen Anfahrt einhergehen. Sie wird nicht als Arbeitszeit gewertet.

Arbeitsschutz und Arbeitsbereitschaft

Die Arbeitsbereitschaft fällt im Sinne des öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzes unter die Arbeitszeit. Das hat rechtliche Folgen. So ist es nicht möglich, in dieser Bereitschaftszeit die nach dem Arbeitszeitgesetz (kurz ArbZG) vorgeschriebenen Pausen einzuhalten. Bei der Einhaltung der zulässigen Höchstarbeitszeiten muss zudem auch die Bereitschaft mit hinzugerechnet werden. Lkw-Fahrer haben also beim Be- und Entladen definitiv keine Pause. Und somit darf man diese Zeit auch nicht als Pause oder Ruhezeit anrechnen. Diese ist völlig separat zu ermöglichen. Hier findet bei Speditionen oft ein Missbrauch statt.

Sind Arbeitnehmer zur Arbeitsbereitschaft verpflichtet?

Ob man als Arbeitnehmer Arbeitsbereitschaft leisten muss, geht meistens aus dem Arbeitsvertrag hervor. Auch eine allgemeine Betriebsvereinbarung oder ein Tarifvertrag können dies regeln. Bei bestimmten Berufsbildern wie beispielsweise im Rettungsdienst oder Polizeidienst ist dies alleine schon in der Vereinbarung der Ausübung der Tätigkeit geregelt. Auch das sogenannte Direktionsrecht des Arbeitgebers deckt die Verpflichtung zur Arbeitsbereitschaft ab. Danach kann dieser durch Weisungen den Inhalt von Arbeitsleistungen konkretisieren.

Problematisch wird es dann, wenn die Arbeitsbereitschaft zur Folge hat, dass die vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit durch diese überschritten wird. Dann ist zu prüfen, ob nach den gültigen arbeitsrechtlichen Bedingungen überhaupt die Verpflichtung zum Leisten von Überstunden besteht. Auch ist in vielen Fällen die Höhe der Vergütung für die Zeit der Arbeitsbereitschaft ein Streitthema, das geklärt werden muss.

Wird Arbeitsbereitschaft vergütet?

Die Arbeitsbereitschaft ist eindeutig eine Leistung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Auch wenn sie eine Arbeitszeit nach dem Arbeitsschutzrecht ist, so ist daraus nicht automatisch ein Vergütungsanspruch abzuleiten. In welcher Höhe eine Vergütung zu erfolgen hat, ist im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geregelt. Hierbei ist eine Pauschalierung zulässig.

Ist im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag dazu nichts geregelt, so regelt sich die Höhe der Vergütung nach der üblichen Vergütung. Auszuschließen ist auf alle Fälle, dass sie zu einem sehr geringen Entgelt oder sogar völlig unentgeltlich geleistet werden muss. Eine solche Regelung wäre unrechtmäßig. Die Leistung und die Gegenleistung müssen also in einem ordentlichen Verhältnis stehen. 

Welches Mitspracherecht hat der Betriebsrat?

Nach dem deutschen Betriebsverfassungsgesetz (kurz BetrVG) hat der Betriebsrat, falls ein solcher besteht, ein Mitbestimmungsrecht. Leider hat nicht jedes Unternehmen in Deutschland einen eigenen Betriebsrat. In Fragen der Ordnung in einem Betrieb, dem Arbeitszeitbeginn, dem Arbeitszeitende, der Arbeitszeiteinteilung, möglicher Arbeitszeitverkürzungen oder Arbeitszeitverlängerungen ist dieser immer mit im Boot. Er ist an allen Entscheidungsprozessen beteiligt.

Zudem hat er auch einen Unterrichtungs- und Beratungsanspruch der Arbeitnehmer, weil geplante Bereitschaftszeiten auch immer die Arbeitsorganisation im Unternehmen mit beeinflussen. Der Betriebsrat vertritt somit die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber den Arbeitgebern und ist die wachende Instanz. Er sorgt dafür, dass alle geltenden Rechtsvorschriften zugunsten der Beschäftigten auch strikt eingehalten werden. Er schützt die Arbeitnehmer vor Missbrauch durch den Arbeitgeber.

Der Betriebsrat muss auf Verlangen stets durch den Arbeitgeber über die Arbeitszeiten unterrichtet werden. So hat er ein Recht auf Einblick in alle Aufzeichnungen, die die Arbeitszeiten betreffen, und kann so auch kontrollieren, ob die vorgeschriebenen Mindestruhezeiten eingehalten wurden und die Arbeitszeit nicht regelmäßig überschritten wird. Sollte er hier einen Missbrauch feststellen, so wird er den Arbeitgeber auffordern, diesen zu unterlassen und die gesetzlichen Regelungen zukünftig einzuhalten. Genau aus diesem Grunde fürchten so viele Betriebe die Forderungen nach einem Betriebsrat und versuchen möglichst die Gründung eines solchen im Keim zu ersticken. 

Gesetzliche Regelungen

Alle gesetzlichen Regelungen finden sich im deutschen Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Erwähnenswert ist noch, dass im Güter- und Personenverkehr teilweise einige gesetzliche Sonderregelungen bestehen. Diese sind unter anderem auch in der Europäischen Verordnung zu Lenk- und Ruhezeiten geregelt.

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