Ab sofort werden Arbeitgeber der EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, entsprechende Regelungen und ein verlässliches und zugängliches System zur Arbeitszeiterfassung einzurichten. Eine Regelung vom deutschen Gesetzgeber, das die Zeiterfassung auf der Arbeit genauer regelt und die Vorgaben des EuGH umsetzt, steht noch aus. Jedoch gab es am 13. September 2022 ein Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum Thema Zeiterfassungspflicht in Deutschland. Laut diesem Urteil besteht aufgrund des EuGH Urteils auch in Deutschland schon eine Zeiterfassungspflicht und Unternehmen müssen jetzt handeln.
Ob und wie sich das Urteil mit New Work vereinbaren lässt, erfahren Sie hier.
Was bedeutet das Urteil des Europäischen Gerichtshof?
Zusammengefasst beruht das Urteil des EuGH auf der These, dass ohne eine tatsächliche Arbeitszeiterfassung weder Überstunden ermittelt noch die zeitliche Verteilung der Arbeitszeit für Projekte nachgewiesen werden können.
Arbeitgeber befinden sich jedoch in der Kontrollpflicht, dass ihre in Vollzeit angestellten Mitarbeiter*innen wöchentlich maximal 48 Stunden arbeiten. Dabei darf die tägliche Arbeitszeit von acht Stunden (in Ausnahmefällen eine tägliche Arbeitszeit von 10 Stunden) nicht überschritten werden. Zudem müssen zwischen Feierabend und erneutem Arbeitsbeginn mindestens 11 Stunden Ruhezeit liegen. Grundsätzlich stärkt die Entscheidung also die Situation der Arbeitnehmer*innen, da diese ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber einfacher geltend machen können. Wie diese Pflicht zur Zeiterfassung in Deutschland aussehen wird, wird sich zeigen. Die Politik ist nun gefragt, eine Anpassung des Arbeitszeitgesetz, auf Grundlage des Urteil des EuGH sowie des BAG Urteil, umzusetzen.
Auch Angestellte im Homeoffice werden von dem EuGH-Urteil profitieren, da auch Tätigkeiten wie abendliche Telefonate oder Ähnliches unter die Regelungen der Arbeitszeiterfassung fallen. Grundsätzlich ist demnach jede Aktivität, die die Interessen des Unternehmens vertritt, als Arbeitszeit zu sehen und festzuhalten.
Ab wann gilt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung?
Das EuGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung ist zwar bindend, jedoch haben die Gesetzgeber der Mitgliedsstaaten Zeit für die Umsetzung. Nachdem das BAG nun ein Urteil gefällt hat, und Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, ein System einzuführen, gilt dies im Prinzip auch ab sofort. Jedoch gibt es bislang keine Änderung im Arbeitszeitgesetz und somit haben Arbeitgeber noch ein bisschen Zeit, um das richtige System einzuführen. Wann es wirklich zu einer Pflicht kommt, kann niemand voraussehen. Experten gehen jedoch davon aus, dass ein Gesetz noch in 2023 erlassen wird.
Welche Anforderungen muss die Zeiterfassung erfüllen?
Der Europäische Gerichtshof hat im Mai 2019 entschieden, dass Arbeitgeber ein objektives, verlässliches und zugängliches System zur Zeiterfassung einführen müssen. Das Bundesarbeitsgericht hat noch nicht konkret begründet, welche Voraussetzungen deutsche Arbeitgeber mit der Pflicht zur Zeiterfassung erfüllen müssen. Man kann jedoch davon ausgehen, dass der Entscheidung des EuGH nicht widersprochen wird.
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Objektivitität
Die Zeiterfassung muss in jedem Fall objektiv sein. Das bedeutet, dass sie genau die Zeit dokumentieren und wiedergeben muss, die auch tatsächlich gearbeitet wurde. Angestellte dürfen also weder vor Beginn noch nach Beendigung der Zeiterfassung arbeiten.
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Verlässlichkeit
Verlässlich ist ein Zeiterfassungssystem dann, wenn es alle Arbeitszeiten erfasst – dazu zählen auch Bereitschaftszeiten.
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Zugänglichkeit
Die Zeiterfassungsdaten müssen sowohl für die Angestellten und ihre Vorgesetzten zugänglich sein als auch für die zuständigen Aufsichtsbehörden und Interessenvertretungen im Unternehmen.
Auch diese Frage kann erst nach dem Erlass eines Gesetzes endgültig beantwortet werden. Der Europäische Gerichtshof hat hierzu keine genauen Vorgaben gemacht. Bislang gehen Experten davon aus, dass nicht nur digitale Systeme, sondern auch herkömmliche Systeme wie die Stechuhr oder Stundenzettel möglich sein werden.
Arbeitszeiterfassung im Unternehmen: Was ändert sich?
Bereits vor dem EuGH Urteil zur Arbeitszeiterfassung war die Erfassung der täglichen Arbeitszeit in zahlreichen Unternehmen ein wichtiges Thema. Die Zeiten der Mitarbeiter*innen wurden per Stechuhr, HR Software, Excel Listen oder ähnlichem erfasst und verwaltet. Für Mitarbeiter*innen, die regelmäßig im Homeoffice oder Außendienst arbeiten, musste ebenfalls eine Lösung gefunden werden, die Arbeitszeiterfassung durchzuführen, wenn diesen Tätigkeiten nicht auf Vertrauensbasis nachgegangen wurde. Grundsätzlich war im Arbeitszeitgesetz auch schon vor dem EuGH Urteil geregelt, dass Überstunden und Sonntagsarbeit in einem System erfasst werden müssen. Außerdem galt eine Pflicht zur Zeiterfassung bei Minijobs.
Die Arbeitszeiterfassung im Unternehmen ist also kein gänzlich unbekanntes Thema für Unternehmen und birgt Vor- sowie Nachteile sowohl für Mitarbeiter*innen, als auch für das Unternehmen.
Checkliste: EuGH-konforme Zeiterfassung
Arbeitszeiterfassung per Software
Unternehmen, die die Arbeitszeiten Ihrer Mitarbeiter*innen bisher nicht erfasst haben, müssen eine Lösung finden. Hier bietet sich vor allem die Nutzung einer HR-Software mit digitaler Zeiterfassung an. Mitarbeiter*innen können Ihre Zeiten selbstständig eintragen oder nutzen die “Start-Stopp” Funktion zu Beginn und am Ende eines Arbeitstages. Überstunden können so automatisch und fehlerfrei kalkuliert werden und den Zuständigen in der Lohnbuchhaltung wird viel Aufwand erspart.
Auch für Unternehmen, die bisher mit analogen Stundenzetteln, einer Stechuhr oder Excel-Tabellen gearbeitet haben, ist die Zeiterfassung über eine digitale Software eine sinnvolle Alternative. Die Übersichtlichkeit steigt und die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Fehlkalkulationen kommt, sinkt massiv, wenn Sie für die Erfassung der Arbeitszeiten eine Softwarelösung nutzen.
Diese verfügt zudem in der Regel über weitere Funktionen, mit denen Sie Zeit und Kosten sparen und Ihr Unternehmen durch Digitalisierung modernisieren und attraktiver machen.
Welche Sanktionen gibt es?
Arbeitgeber tragen die Darlegungs- und Beweislast: für fehlende oder lückenhafte Arbeitszeiterfassung werden also sie verantwortlich gemacht. Sollten die Arbeitszeiten nicht erfasst worden sein, wird die Zeit angenommen, die Arbeitnehmer*innen angeben.
Konkrete Bußgelder sind aktuell noch nicht festgelegt. Hierfür muss zunächst der Bußgeldkatalog erweitert werden.
Was bedeutet das Urteil für New Work?
Auch wenn New Work Befürworter*innen nun fürchten, das Urteil könne sich negativ auf die Flexibilität von Arbeitnehmer*innen auswirken, lassen sich das Urteil und New Work gut miteinander vereinbaren.
Vertrauensarbeitszeit und das EuGH-Urteil
Die sogenannte Vertrauensarbeitszeit ist an sich zwar ein schönes Konzept, da sie wie der Name bereits sagt Vertrauen in die Arbeitnehmer*innen voraussetzt, jedoch kann sie auch dazu führen, dass es zu unbezahlten Überstunden und einer Verschwimmung von Arbeitsalltag und Freizeit kommt - insbesondere, wenn Arbeitnehmer*innen im Homeoffice arbeiten. In wie weit Vertrauensarbeitszeit nach dem EuGH Urteil und dem BAG Urteil noch möglich sein wird, gilt abzuwarten. Eine grundsätzliche Flexibilität will der Gesetzgeber beibehalten, jedoch muss in Zukunft stärker auf das Gesetz zur täglichen Arbeitszeit geachtet werden.
Arbeitszeiterfassung = Kontrolle?
Mit einem digitalen Zeiterfassungssystem lassen sich auch flexible Arbeitszeiten problemlos von überall erfassen. Mitarbeiter*innen tragen sie selbstständig ein und Überstunden werden automatisch berechnet. Es geht dabei nicht darum, Mitarbeiter*innen zu kontrollieren, sondern Transparenz zu schaffen, sodass Arbeitnehmer*innen geschützt werden und z. B. Schichten sinnvoll eingeteilt werden können.
Arbeitszeiterfassung mit kiwiHR
kiwiHR ermöglicht Unternehmen die Arbeitszeiterfassung innerhalb weniger Sekunden durchzuführen und bietet zudem ein automatisches Überstundenkonto an. Als Webapplikation können Mitarbeiter von überall per jedem Endgerät die eigenen Arbeitszeiten erfassen und erhalten prompt einen Überblick über mögliche geleistete Überstunden. Die DSGVO wird durch ein einfaches Rollensystem eingehalten, dass alle Zugriffs- und Bearbeitungsrechte definiert.
Zusätzlich zur Arbeitszeiterfassung bietet kiwiHR noch weitere interessante Funktionen, die es Unternehmen erlauben ihr Personalwesen zu vereinfachen und effektiver zu gestalten. Unternehmen profitieren von der digitalen Personalakte, bis hin zur Urlaubsverwaltung, digitalem Dokumentenmanagement, Mitarbeiter Onboarding, oder einem Unternehmenskalender.
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