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Wann steht Arbeitnehmern Sonderurlaub zu?

Fabian Dürbeck

„Ich bin dann mal weg!“ – Nicht nur für Sonne, Strand und Meer bekommen Arbeitnehmer in Deutschland frei. Der Gesetzgeber verpflichtet Arbeitgeber auch dazu, in Ausnahmefällen ihre Angestellten von der Arbeitspflicht zu befreien – und zwar unter fortlaufender Bezahlung. Stichwort Sonderurlaub. Für Vorgesetzte und Personalmanager sind die Anträge auf eine außerordentliche Freistellung eine Herausforderung. Schließlich ist Notfall nicht gleich Notfall und Freudenfest nicht gleich Freudenfest. Vielleicht standen Sie auch schon vor der Frage: Hat mein Arbeitnehmer wirklich ein Recht auf diesen Urlaub? Schließlich unterscheidet sich etwa ein Tierarztbesuch mit der Katze in seiner Bedeutung wesentlich vom Todesfall eines nahen Familienangehörigen. Wann also ist die Bitte um zusätzliche Freizeit für private oder familiäre Ausnahmesituationen gerechtfertigt? Und wann dürfen Sie erwarten, dass der Mitarbeiter die Verpflichtung in seiner Freizeit beziehungsweise seinem Erholungsurlaub erledigt?

Was ist Sonderurlaub?

Als Arbeitgeber haben Sie Ihren Angestellten gegenüber eine Fürsorgepflicht, die sich auch ein Stück auf deren Privatleben erstreckt. Was, wenn nun ein belastender Notfall oder ein außergewöhnlich freudiges Ereignis im persönlichen Umfeld des Mitarbeiters entsteht? Dann ist es um seine Konzentrationsfähigkeit und Leistung geschehen. Geben Sie ihm nun unter Fortzahlung seines Gehalts für eine gewisse Zeit frei, damit er sich um die Angelegenheit kümmern kann, nennen wir das umgangssprachlich Sonderurlaub. In Vertragswerken heißt es dagegen „Freistellung in besonderen Fällen“, „Arbeitsbefreiung“ oder „vorübergehende Verhinderung“.

§ 616 BGB – Voraussetzungen für eine außerordentliche Arbeitsbefreiung

Die Verpflichtung für Arbeitgeber zur Freistellung bei „vorübergehender Verhinderung“ ergibt sich aus § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches, doch die Formulierungen sind im Wesentlichen allgemein gehalten. Der Gesetzestext schreibt zusammengefasst vor, dass ein Angestellter seinen Lohn nicht verlieren darf, wenn er aufgrund einer Ausnahmesituation nicht arbeiten kann. Diese Situation definiert das Gesetz mit drei Voraussetzungen:

  1. Er ist lediglich eine „nicht erhebliche Zeit“ verhindert.

  2. Der Grund liegt „in seiner Person“.

  3. Der Angestellte geriet unverschuldet in die Situation.

Bezahlte Freistellung und der Jahresurlaub

Jedem Angestellten stehen neben weiteren Urlaubsarten per Bundesurlaubsgesetz mindestens 24 Tage Jahresurlaub pro Jahr bei einer 6-Tage-Woche zu. Häufig vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag mehr Urlaubstage oder ein gültiger Tarifvertrag garantiert bereits zusätzliche Tage. Diese Erholungszeit darf jeder Angestellte verbringen, wie er möchte – natürlich auch, um private Verpflichtungen zu erledigen. § 616 BGB regelt jedoch eine andere Art der Freistellung. Er verordnet Mitarbeitern, die unter den genannten Voraussetzungen nicht arbeiten können, einen nicht genauer bestimmten, bezahlten Zusatzurlaub. Doch das Gesetz bleibt bei den Einzelfällen vage. Daher müssen weitere Vereinbarungen und die Rechtssprechung festlegen, wann ein Mitarbeiter das Recht auf bezahlte Freistellung hat oder für die Angelegenheit Urlaub nehmen muss.

§ 45 SGB V – Sonderregelung für die Freistellung bei Krankheit eines Kindes

Das Sozialgesetzbuch bestimmt, dass gesetzlich versicherte Arbeitnehmer unter bestimmten Bedingungen sowohl einen Anspruch auf Krankengeld als auch auf unbezahlte Freistellung für ein krankes, gesetzlich versichertes Kind bis 12 Jahre haben. Das gilt jedoch nicht, wenn eine andere Person im gleichen Haushalt die Sorge für das Kind übernehmen kann. Bis zu 10 Arbeitstage, bei Alleinerziehenden sogar bis zu 20, darf die Pflege in Anspruch nehmen. Gemäß einigen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen gleichen Arbeitgeber die Differenz zwischen Krankengeld und monatlichem Gehalt in dieser Zeit aus.

Welche Vereinbarungen regeln die Arbeitsbefreiung?

Über die Jahre hat die Rechtssprechung für mehr Klarheit gesorgt und Fälle festgestellt, bei denen der § 616 BGB anzuwenden ist. Gerichte haben außerdem über erforderliche Rahmenbedingungen entschieden. Zum Beispiel in welchem Umfang Mitarbeiter den Arbeitgeber informieren müssen und wie sich die Dauer der Freistellung bestimmt. Bei der Anwendung dieser umfangreichen Urteile auf den Einzelfall empfiehlt sich eine anwaltliche Beratung.

Weniger komplex gestaltet sind dagegen Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen, in denen es Regelungen zur bezahlten Freistellung gibt oder geben kann. Ist der Betrieb nicht in einen Tarifvertrag eingebunden? Dann ziehen Personalmanager und Unternehmer bei der Entscheidung über die Freistellung im eigenen Betrieb oft den umfangreichen Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes als Grundlage heran. Sonst finden Sie auch Hinweise im Manteltarifvertrag Ihrer eigenen oder einer verwandten Branche. Der Manteltarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie legt etwa fest, wann und wie lange die Freistellung gewährt wird, welche Einschränkungen gelten und wie die Anzeigepflicht der Mitarbeiter aussieht.

Beschränkung der Freistellung im Arbeitsvertrag

Als Arbeitgeber dürfen Sie mit Ihrem Mitarbeiter im Arbeitsvertrag Vereinbarungen zur bezahlten Freistellung treffen. Sind Sie dabei großzügiger als vergleichbare Tarifvereinbarungen oder die Rechtssprechung, wird kaum jemand etwas dagegen einzuwenden haben. Allerdings kann der Ausschluss oder die Einschränkung der Mitarbeiterrechte je nach Klausel unwirksam sein. Deshalb lohnt es sich, sich dafür juristischen Rat einzuholen.

Fälle, in denen eine bezahlte Freistellung nach § 616 BGB gewährt wird

Durch die Definition des BGB, dass der Grund für die Freistellung eines Angestellten in „seiner Person“ liegen muss, ergeben sich zahlreiche Sonderfälle, in denen das Gesetz greifen kann. Einige haben wir für Sie zusammengestellt, wobei die Aufzählung nicht abschließend ist. Dabei gewähren die Regelungen meist eine Arbeitsbefreiung für wenige Stunden bis wenige Tage. Das trägt der gesetzlichen Bedingung, der Mitarbeiter sei „nicht erhebliche Zeit“ verhindert, Rechnung.

1. Freistellung für Hochzeit und Co.

Bei der eigenen Hochzeit sollte man nicht fehlen – schon gar nicht, weil die Arbeit ruft. Daher reichen viele Angestellte für diesen Festtag einen Antrag auf Freistellung ein. Auch für weitere große Familienereignisse kann der Arbeitgeber eine bezahlte Arbeitsbefreiung gewähren. Der Manteltarifvertrag für die Systemgastronomie kennt als Gründe dafür:

  • Eigene Eheschließung

  • Eintragung der eigenen Lebenspartnerschaft

  • Eigene goldene oder silberne Hochzeit

  • Eheschließung oder Eintragung der Lebenspartnerschaft eines Kindes

Hochzeitspaar bei der Trauung

2. Freistellung im Todesfall oder für Begräbnisse

Eine besondere Tragödie ist der Tod eines nahen Angehörigen und es ist nachvollziehbar, dass ein Mitarbeiter dafür eine Freistellung in Anspruch nehmen möchte. In manchen Fällen gilt bereits der Todesfall, in anderen lediglich das Begräbnis als Grund für die Arbeitsbefreiung. Auch welche Verwandten als nahe Angehörige zählen und wie viel Tage Sonderurlaub im Todesfall zustehen, unterscheidet sich von Vereinbarung zu Vereinbarung. Unter anderem können das der Ehe- oder Lebenspartner sein, das Kind oder ein Elternteil des Angestellten. Und abhängig davon stehen dem Mitarbeiter dann zwischen einem und mehreren Sonderurlaubstagen zu.

3. Freistellung bei Geburt

Um bei der Geburt des eigenen Kindes dabei zu sein, kommt ebenfalls eine Freistellung infrage. Allerdings eher nicht für die Mutter des Kindes, die an diesem Tag in der Regel bereits im Mutterschutz ist. Einige Tarifverträge wie der der Metall- und Elektroindustrie schränken die Gewährung dieser Arbeitsbefreiung auf Geburten in einer Ehe oder eheähnlichen Gemeinschaft ein.

Patientin beim Arztbesuch

4. Freistellung bei Arztbesuchen

Selbstverständlich gehört die allgemeine medizinische Vorsorge und Behandlung im Normalfall in die Freizeit eines Mitarbeiters. Bei akuter Krankheit ist eine Krankmeldung erforderlich. Trotzdem kann ein dringender, notwendiger Arzttermin, der zwingend in der Arbeitszeit stattfinden muss, ebenfalls ein Grund für eine Arbeitsbefreiung nach § 616 BGB sein. Verschiedene Tarifverträge enthalten dazu eine Regelung wie beispielsweise der Vertrag des öffentlichen Dienstes. Er enthält einen Paragrafen für die ärztliche Behandlung und legt die Dauer der Arbeitsbefreiung auf die tatsächlich erforderliche Abwesenheits- und Wegezeit fest.

5. Sonderurlaub bei Umzug

Bei einer bezahlten Freistellung für den Umzug scheiden sich die Geister. In manchen Regelungen ist der Umzug nicht oder nur bei einem betrieblich bedingten Wohnungswechsel enthalten. Dem Tarifvertrag der Systemgastronomie hingegen reicht es für Sonderurlaubstage aus, wenn der Mitarbeiter „mit eigenem Hausstand“ umzieht.

Paar beim Umzug

6. Freistellung für die Versorgung kranker Familienangehöriger

Nicht immer ist die schwere Erkrankung eines Verwandten hinreichender Grund für eine bezahlte Arbeitsbefreiung. Einige Vereinbarungen anerkennen nur die Versorgung eines Kindes bis 12 beziehungsweise 14 Jahre an. Sie ergänzen damit häufig die Regelung des § 45 SGB V, der hauptsächlich auf gesetzlich versicherte Arbeitnehmer abzielt. Genau wie in diesem Gesetz gibt es nur dann Sonderurlaubstage, wenn der Mitarbeiter die einzige Person ist, die das Kind versorgen kann. Ist zum Beispiel der Ehepartner nicht berufstätig, muss er diese Aufgabe übernehmen. Häufig muss der Angestellte mit einem ärztlichen Attest nachweisen, dass die Pflege und Betreuung notwendig ist. Aber auch für schwer kranke Verwandte, die im eigenen Haushalt leben oder eine enge Bindung an den Mitarbeiter haben, kann dieser einen Rechtsanspruch auf Arbeitsbefreiung haben. Hier ist wiederum eine Einzelfallprüfung notwendig.

7. Freistellung bei Unglücksfällen

Geschieht etwas Unvorhergesehenes, durch das ein Angestellter nicht zur Arbeit erscheinen kann, kann er ein Recht auf bezahlte Arbeitsbefreiung haben. Dazu kann ein Einbruch gehören, ein Autounfall, den er nicht selbst verursacht hat, oder ein Wohnungsbrand. Wichtig ist dabei, dass das Ereignis ein persönlicher Unglücksfall war. Betraf es viele Menschen in der gleichen Gegend wie ein Stau oder Wetterkapriolen, dann greift häufig die Bedingung des § 616 BGB, dass der Grund „in der Person“ liegen muss.

Freistellung – nicht immer ein „Muss“, aber ein „Kann“

Aufgrund der individuellen Umstände hinter jedem Notfall und jedem Freudenfest müssen Personalabteilungen und Vorgesetzte Anträge auf bezahlte Freistellung oft genau prüfen und Einzelfallentscheidungen treffen. Rechtsentscheidungen der Arbeitsgerichte, Tarif- und Betriebsvereinbarungen sowie der Arbeitsvertrag helfen dabei, die Rechtslage herauszufinden. Und doch – es muss nicht ein Stück Papier das letzte Wort haben. Als Arbeitgeber dürfen Sie Ihre Mitarbeiter auch aus Kulanz bezahlt freistellen. Einfach, weil Sie ihre Arbeit schätzen, ihre Bitte verstehen und sie enger an Ihr Unternehmen binden möchten.

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